Nirgends ist der Anspruch an Materialien höher, als in der Medizintechnik. Schließlich geht es dort um unsere Gesundheit und dafür wünschen wir uns nur das Beste. Daher gibt es strenge Richtlinien und gesetzliche Bestimmungen, die Hersteller medizinischer Geräte einhalten müssen und die nicht selten auch zu Herausforderungen werden.

Da Kunststoff nicht nur vielseitig einsetzbar sondern auch ein widerstandsfähiges Material ist, ist es hervorragend für die Medizintechnik geeignet. Für besonders hohe Ansprüche werden Hochleistungskunststoffe, wie z. B. PPSU oder PEEK, eingesetzt.

In diesem Beitrag möchten wie Ihnen aufzeigen, wie Hochleistungskunststoffe unsere Welt verändern und aufgrund ihrer Eigenschaften die Medizintechnik revolutionieren.

Was sind Hochleistungskunststoffe?

Hochleistungskunststoffe gehören den thermoplastischen Kunststoffen an und heben sich durch besondere Eigenschaften von anderen Kunststoffen ab. Durch die Vielseitigkeit der Thermoplaste und ihren guten Verarbeitungsmöglichkeiten kommen sie in der Medizin häufig zum Einsatz. Die Standhaftigkeit gegen häufiges Sterilisieren ist von großer Bedeutung im Medizinbereich. Weitere typische Eigenschaften sind:

  • extreme Temperaturbeständigkeit
  • besondere Chemikalienbeständigkeit
  • hervorragendes Verschleißverhalten
  • besondere mechanische Eigenschaften
  • Beständigkeit gegenüber Gammastrahlung

Was bieten Hochleistungskunststoffe der Medizintechnik?

Materialien, die in der Medizintechnik eingesetzt werden, müssen nicht nur höchste Qualitätsstandards erfüllen, sondern auch vielen weiteren Anforderungen standhalten.

Hochleistungskunststoffe …

  • … stehen jede Reinigungsmaßnahme schadlos durch.

    Besonders im sensiblen Gesundheitsbereich und der Medizingerätetechnik gehören häufige Desinfektionen und Sterilisationsmaßnahmen zur täglichen Arbeit. Hochleistungskunststoffe können hohen Temperaturen und aggressiven Reinigungsmitteln ohne Probleme standhalten. Der Umstand, dass sie diese Verfahren auch bei sehr häufiger Anwendung ohne Veränderungen überstehen, macht sie zu einem wertvollen Material im Medizinbereich.
    In den Zeiten der Corona-Pandemie wurde das besonders deutlich, denn Türklinken, Tastaturen und andere Alltagsgegenstände, die nicht aus Hochleistungskunststoff bestehen, werden schnell klebrig, milchig oder spröde durch die tägliche Reinigung mit Desinfektionsmitteln. Ein deutliches Zeichen dafür, dass das Standard-Material den Anforderungen nicht gewachsen ist.

  • … sind biokompatibel.

    Besonders bei medizinischen Produkten, die mit dem Menschen direkt in Kontakt kommen, muss die Biokompatibilität gewährleistet sein. Das bedeutet, dass es zwischen Material und Körpergewebe oder -flüssigkeiten nicht zu schädlichen Wechselwirkungen oder Reaktionen kommen darf. Da das bei Hochleistungskunststoffen der Fall ist, werden sie häufig zur Herstellung von Implantaten verwendet.

  • … sind verträglich mit Arzneistoffen.

    Ein weiterer großer Vorteil der Hochleistungskunststoffe ist, die nicht vorhandene Reaktionsfreude in Verbindung mit Arzneistoffen. Dadurch wird gewährleistet, dass es zu keiner Veränderung der Zusammensetzung oder der Wirkungsweise des Arzneistoffes kommt, was fatale Folgen haben könnt

  • … sind einfach zu verarbeiten.

    Neben all den Vorraussetzungen, die vor allem zum Schutz des Menschen dienen, erfüllt der Hochleistungskunststoff aber auch noch einen anderen Anspruch: Er lässt sich ausgezeichnet verarbeiten. Dadurch ist auch das Formen von komplizierten Geometrien, z. B. für minimalinvasive Geräte, möglich.

Hochleistungskunststoffe bringen somit viele positive Eigenschaften für die Medizintechnik mit. Daher ist es auch nicht verwunderlich, dass sie in immer mehr Bereichen der Medizin eingesetzt werden.

Anwendungsgebiete in der Medizintechnik

PEEK ist vermutlich der am häufigsten verwendete Hochleistungskunststoff in der Medizintechnik. Da die Einsatzgebiete und -möglichkeiten extrem weitläufig sind, gehen wir folgend allerdings nur auf ein paar Beispielbereiche ein.

Im Bereich der Orthopädie bietet PEEK viele Vorteile. Es lässt sich nicht nur gut verarbeiten, sondern sorgt bei Patienten auch für einen langanhaltenden Bewegungskomfort. PEEK verfügt über eine Röntgentransparenz, die besonders für die Verfolgung des Heilungsprozesses von Vorteil ist. Durch diesen Umstand werden häufig Implantate, wie Wirbelsäulen- oder Gesichtsimplantate, hergestellt.

In der Dentalbranche kommt es nicht nur auf die Biokompatibilität an, sondern auch auf die Ästhetik. Mit PEEK hergestellte Kronen ersetzen Funktion, Zahnfarbe und -form des kaputten Zahns und unterstützen den Kiefer durch eine stoßdämpfende Wirkung. Außerdem bleibt beim Einsatz von Kunststoff der unerwünschte metallische Geschmack im Mund aus.

Aber auch im Bereich des Zahnersatzes kommt PEEK in Form von Implantaten, Brücken oder Prothesen zum Einsatz. In der Zahnmedizin zeichnet er sich besonders durch eine allgemein gute Verträglichkeit, ein leichtes Gewicht und eine hohe Stabilität aus.

Die Instrumente, Handstücke und Winkelstücke, die von Zahnärzten und Kieferorthopäden genutzt werden, enthalten diverse Microteile aus Hochleistungskunststoffen wie PEEK und PPSU. Dadurch ist es möglich, dass die Geräte auch nach vielen Aufbereitungszyklen einwandfrei funktionieren und Strom, Luft, Wasser und Licht dorthin gelenkt werden, wo sie benötigt werden.

In diesem Bereich ist der Einsatz von Hochleistungskunststoff breit gefächert: Bei vielen Produkten wie Spritzen oder Schläuchen ist bekannt, dass diese Einmalartikel aus Standard-Kunststoff angefertigt und nach der einmaliger Anwendung entsorgt werden.

Da z. B. PEEK über eine hohe Strahlungsbeständigkeit gegen Beta- und Gammastrahlen verfügt, lässt es sich gut bei medizinischen Geräten einsetzen, die Röntgenstrahlen ausgesetzt sind. Aber auch bei unzähligen anderen Geräten findet es Anwendung und sei es nur in Form von Bauteilen (z. B. Gehäuse oder Deckel) mit besonderen Anforderungen.
Durch die guten Verarbeitungsmöglichkeiten des Materials findet man es aber auch bei sehr kleinen Geräten (z. B. Hörgeräte).

Da Geräte aus Hochleistungskunststoffen sehr fest und stabil und somit besonders zuverlässig sind, trifft man sie auch häufig bei Instrumenten im Operationsbereich an. Aber auch der Bereich der Endoskopie und verschiedenen Gerätetechnologien, wie z. B. bei der Dialyse, setzen erfolgreich den stabilen Werkstoff ein.

Neben den medizinischen Geräten und Instrumenten kann man die Hochleistungskunststoffe aber auch unter den Arbeitsmitteln und Verbrauchsmaterialien finden. So werden z. B. Teile von Kathetern oder Zuleitungen in Laboranwendungen damit hergestellt.

Fazit

Hochleistungskunststoffe erfüllen viele Ansprüche, die besonders an die Materialien der Medizintechnik gestellt werden: Sie sind widerstandsfähig gegen verschiedene Einflüsse, sehr stabil und biokompatibel mit dem menschlichen Körper. Darüber hinaus lassen sie sich sehr gut verarbeiten und eignen sich daher für viele verschiedene Anwendungsformen. Dadurch ist es nicht weiter verwunderlich, dass diese besonderen Werkstoffe in immer mehr Bereichen und Geräten der Medizin eingesetzt werden.

Mit Hochleistungskunststoffen hat die Medizintechnik ein besonderes Material gefunden, das in der Zukunft noch viel mehr lebenserleichternde und -rettende Anwendungsmöglichkeiten finden wird.

Dieser Artikel wurde ursprünglich am 21. Juli 2020 veröffentlicht. Die Aktualisierung erfolgte am 25. April 2022.